Ein Mykoplasmen-freies Zellkulturlabor und routinemäßig getestete Zellen sind ein absolutes Muss für sichere Zellprodukte und seriöse Zellkulturforschung.
Mykoplasmen-Kontaminationen in der Zellkultur beeinträchtigen die Zuverlässigkeit, Reproduzierbarkeit und Konsistenz der experimentellen Daten. Dabei ist nicht vorhersehbar, wie sich der Mykoplasmenbefall in dem individuellen Fall auf den metabolischen, genetischen, immunologischen und morphologischen Zustand der Zellkultur tatsächlich auswirkt. Fakt ist, dass in praktisch allen Bereichen der zellulären Funktion leichte bis schwere Veränderungen möglich sind. Die Folgen sind Forschungsergebnisse, die zu uneindeutigen, irreführenden oder schlicht falschen Publikationsdaten und Schlussfolgerungen führen. Viele wissenschaftliche Fachzeitschriften und Journals haben sich diesem Umstand bereits angenommen und fordern Ihre Autoren dazu auf, die Mykoplasmen-Freiheit Ihrer Zellen zu bestätigen. Das bedeutet: ohne negativen Mykoplasmen-Test keine Veröffentlichung der wissenschaftlichen Ergebnisse.
Der Kampf gegen Kontaminationen ist ein ständiger Begleiter der Zellkultur. Seit Zellen in-vitro gezüchtet werden, sind Zellkulturanwender*Innen damit beschäftigt, Kontaminationen bestmöglich zu verhindern – durch sterile Arbeitsweise und – leider zu häufig – durch Zugabe von Antibiotika. Mykoplasmen stellen einen Sonderfall innerhalb der bakteriellen und fungalen Zellkultur-Kontaminanten dar. Zum einen, weil die Mehrzahl der verwendeten präventiven Antibiotika und Antimykotika keine Wirkung zeigen, zum anderen, weil man den meisten Mykoplasmen-befallenen Zellen die Infektion einfach nicht ansieht. Anders als bei den „gewöhnlichen“ Kontaminationen, wo das schnelle Wachstum der Mikroorganismen in kürzester Zeit zu einer Trübung des Mediums / Umschlag des pH-Indikators Phenolrot/ Schlierenbildung führt, ist die Präsenz der langsam wachsenden, winzigen Mykoplasmen meist nicht offensichtlich. Im Gegensatz zu Kontaminationen mit anderen Bakterien oder auch Pilzen (Hefen), lässt sich ein Mykoplasmen-Befall also nicht ohne spezifische Testmethoden feststellen.
Bei Mykoplasmen handelt es sich um sehr kleine, parasitäre Bakterien deren breites Wirtsspektrum neben Menschen und andere Säugetieren auch Vögel, Reptilien, Fische, Insekten und Pflanzen umfasst. Ihr besonderes Merkmal ist die fehlende Zellwand, wodurch Mykoplasmen nicht nur eine natürliche Resistenz gegenüber Beta-Lactam-Antibiotika (Penicillinderivate, Cephalosporine und Carbapeneme) besitzen, sondern auch über eine äußerst elastische Zellform verfügen.
Mykoplasmenkontaminationen können direkt durch Aerosole und unzureichend sterile Techniken übertragen werden – oder indirekt über Medien, Lösungen und Laborgeräte. Obwohl Mykoplasmen in der Natur omnipräsent sind, ist die große Mehrheit der Zellkultur-Infektionen auf nur sechs Arten zurückzuführen, deren Ursprungswirt das Rind (Mycoplasma arginini und Acholeplasma laidlawii), das Schwein (Mycoplasma hyorhinis) und der Mensch (Mycoplasma orale, Mycoplasma fermentans und Mycoplasma hominis) ist. Die Erklärung dafür ist einfach: einst über verunreinigte tierische Mediensupplemente wie Serum eingeschleppt, konnten sich Mykoplasmen aus Schwein und Rind in den kontinuierlichen Zelllinien festsetzen und wurden innerhalb der Labore von Zelllinie auf Zelllinie weitergegeben. Die Kontaminationen mit humanen Mykoplasmenstämmen sind auf die AnwenderInnen zurückzuführen. Denn ganz egal wie vorsichtig, steril und gewissenhaft im Labor gearbeitet wird; eine Übertragung der in der menschlichen Mundhöhle angesiedelten Mykoplasma-Arten durch das Laborpersonal kann nie vollständig ausgeschlossen werden.
Heutzutage erfolgt der Mykoplasmen-Nachweis in der Regel indirekt über eine PCR mit mykoplasmenspezifischen Primern. Im Gegensatz zum direkten Nachweis (durch klassische Kultivierung auf einem Nährmedium) ist die PCR-Methode schnell und unkompliziert in der Durchführung. Ein weiterer Vorteil der PCR-basierten Testung ist, dass auch die nicht-kultivierbaren Mykoplasma-Spezies erfasst werden.
Bei einem positiven Mykoplasmentest ist in den meisten Fällen das Autoklavieren und Entsorgen der befallenen Zellkultur die beste und einfachste Lösung. Nur wenn es sich um wertvolle, nicht leicht ersetzbare Zellen handelt, sollte eine Behandlung der Zellen in Betracht gezogen werden. Voraussetzung ist, dass die potentielle Infektionsquelle beseitigt wurde und dass die befallenen Zellen noch einigermaßen vital sind. Je schlechter die Zellkonstitution, desto schlechter sind die Aussichten auf Erfolg.
Die vielversprechendste Eliminierungsmethode für Mykoplasmen ist die Behandlung der Zellen mit geeigneten Antibiotika und Antibiotika-Kombinationen. Wir empfehlen hierzu entweder Ciprofloxacin oder die sequentielle Anwendung von Tiamulin und Minocyclin. Beide Behandlungsmethoden zeichnen sich durch geringes Resistenzvorkommen auf Mykoplasmenseite und niedrige Zytotoxizität aus.
Um das Risiko erneuter Mykoplasmenkontaminationen zu minimieren, sollten folgende Empfehlungen befolgt werden:
- Gutes aseptisches Arbeiten (good laboratory practise)
- Gute Laborhygiene; regelmäßiges Desinfizieren aller Oberflächen (Arbeitsbereiche, Sterilbank, Geräte, Pipetten,…)
- Verwendung von 0,1 µm Filtern zur Sterilisation von Medien, Serum und nicht-autoklavierbaren Zellkulturreagenzien
- Regelmäßige Mykoplasmen-Tests
- Kryokonservierung als Back-up, um befallene Kulturen schnell entsorgen zu können
- Verantwortungsbewusster, sparsamer Umgang mit Antibiotika
Zelllinien, die in antibiotikahaltigem Medium gezüchtet werden, weisen deutlich höhere Kontaminationsraten an Mykoplasmen auf als antibiotikafrei gehaltene Kulturen. Durch den hohen Einsatz an präventiv verwendeten Antibiotika-Zusätzen haben die in der Zellkultur ansässigen Mykoplasmenstämme zahlreiche Resistenzen gegen diese Antibiotika ausbilden können. Betroffen davon sind vor allem Streptomycin, Gentamycin, Neomycin und Kanamycin mit Resistenzniveaus um die 80 %. Dauerhaft eingesetzte Antibiotika sind entsprechend kein geeignetes Mittel, um die Zellen vor Mykoplasmen zu schützen. Langfristig ist sogar das Gegenteil der Fall. Durch die Antibiotika-Praxis wird eine falsche Sicherheit vermittelt, die die weitere Verbreitung Mykoplasma-kontaminierter Zellen unterstützt und weitere Resistenzbildung fördert.