Als Serum bezeichnet man den flüssigen Anteil des Blutes, den man als Überstand erhält, wenn man eine geronnene Blutprobe zentrifugiert. Serum ist also das Blutplasma ohne die Gerinnungsfaktoren und festen Blutbestandteile. Es enthält Proteine (Albumine), Polypeptide, Metabolite, Spurenelemente, Elektrolyte, Nährstoffe und Hormone.
Fötales Kälberserum ist ein Hauptbestandteil vieler Nährmedien in der Zellkultur. Durch die Vielzahl enthaltener Proteine – darunter viele Wachstumsfaktoren – ist Serum (oder ein Serum-Ersatz) für das Kultivieren von Zellen in Zellkulturflaschen essentiell. Es ist zudem wichtig für die Inhibierung bzw. Bindung von Proteasen und unerwünschter Substanzen.
Generell gilt, je jünger ein Tier, desto mehr Wachstumsfaktoren und desto weniger Antikörper finden sich in seinem Blut. Und je mehr Wachstumsfaktoren bzw. weniger Antikörper, desto besser das Zellwachstum in Kultur.
FBS / FCS | Fetal Bovine Serum / Fetal Calf Serum |
NBCS oder NCS | Newborn Calf Serum |
FBS – das Nonplusultra?
Fötales Rinderserum (gleichbedeutend mit fötalem Kälberserum) wird aus dem Blut von Rinderföten gewonnen. FBS enthält eine Vielzahl an Wachstumsfaktoren und kaum Immunglobuline (Antikörper). Letztere können für empfindliche Zellen schädlich sein, da sie mitunter zu Immunreaktionen an der Zelloberfläche führen und so für frühe Zellschädigungen in vitro verantwortlich sein können. Empfindliche Zelltypen, wie embryonale Stammzellen, lassen sich praktisch nicht ohne FBS kultivieren. Allerdings gibt es trotz seiner einzigartigen Performance zahlreiche Gründe, die einen Verzicht auf FBS erstrebenswert machen:
- Geringe Verfügbarkeit: FBS ist ein Nebenprodukt der Schlachtung und kann nur gewonnen werden, wenn eine (unbemerkt) trächtige Kuh geschlachtet wird. Das passiert aufgrund neuerer Untersuchungsmethoden und Tierschutzgesetze aber immer seltener. Dazu kommt, dass die Blutmenge bei Föten noch sehr gering ist und man für 1 L Serum 3-4 Föten benötigt.
- Ethik: Das Blut für die Herstellung des Serums wird den noch lebenden Föten ohne Betäubung entnommen.
- Preis: Aufgrund der geringen Verfügbarkeit ist der Preis großen Schwankungen ausgesetzt und steigt immer stärker.
NBCS – die aktuelle (Not)Lösung
Aufgrund dieser Nachteile, werden weniger empfindliche Zelltypen häufig mit NBCS (Newborn Calf Serum) statt FBS gezüchtet. Das NBSC wir in der Regel aus den Kälbern gewonnen, die als „Abfallprodukt“ in der neuseeländischen und australischen Milchindustrie anfallen. Dieses Serum ist häufig von schlechter Qualität (hoher Hb-Gehalt, hoher Endotoxingehalt), weil die Tiermütter hohen Antibiotika-Dosen ausgesetzt sind und die Schlachtung in Bezug auf Hygiene (v.a. in Bezug auf die Kontaminationsvermeidung beim Blutsammelprozess) und Stress nicht optimal verläuft.
FBS Analog als echte Alternative?
Bei FBS Analog handelt es sich um ein Serum, das nicht aus Föten, sondern aus Milchkälbern gewonnen wird. Diese Kälber werden unter Bio-Bedingungen (Antibiotika-frei) gehalten und „sanft“ geschlachtet. Das Blut wird den betäubten Tieren mit einer optimierten und kontaminationsvermeidenden Sammelmethode entnommen. Die Herstellung des Serums erfolgt dann durch intensive Reinigungs- und Prozessierungsschritte, um eine finale Zusammensetzung und Performance zu enthalten, die weitgehend der des FBS entspricht. Kurz, es ist ein Serum, das nicht aus Föten gewonnen wird, aber die positiven Eigenschaften des Fötalen Kälberserums bestmöglich erfüllt.
Vorteile:
- Hohe Verfügbarkeit und damit deutlich geringerer Preis
- Keine großen Preisschwankungen (= Sicherheit für den Anwender), da die produzierte Menge stabil bleibt
- Die Schlachtung folgt hohen Standards (Berücksichtigung des Tierwohls)
Für wen kommt FBS-Analog infrage?
Zellkultur-Anwender*innen aus dem Bereich Forschung/ Impfstoffproduktion/ Produktion von Biopharmazeutika, die
- bisher FBS verwenden, aber aufgrund ethischer Bedenken/Preisunsicherheit bereit sind, etwas Neues zu probieren (Ausnahme: embryonale Stammzellen, ESCs).
- bisher NBCS (Newborn calf serum) verwenden, aber mit der Performance unzufrieden sind.
Weitere Informationen zu dem Produkt FBS Analog entnehmen Sie bitte dem Produktdatenblatt und der Spezifikation.
Warum nicht immer gleich serumfrei?
Es gibt eine Vielzahl von Argumenten, die für eine völlig serumfreie Zellkultur sprechen, darunter
- Vermeidung qualitativer und quantitativer Schwankungen der Zusammensetzung (daraus folgend Probleme in der Reproduzierbarkeit).
- Chemisch definierte und kontrollierte Bedingungen in vitro.
- Vermeidung (unbekannter) mikrobieller Kontaminationen.
- Möglichkeit, bestimmte Zelltypen gezielt zu selektionieren und unerwünschtes Fibroblastenwachstum zu unterdrücken.
- Unabhängigkeit von Serum-Verfügbarkeit und Preis.
- Vermeidung des Leidens von Rinderföten.
- Leichtere Isolierung von Zellprodukten („Down-Stream Processing“).
- FBS stellt keine physiologische Umgebung für kultivierte Zellen da. Im Körper kommen Zellen – mit Ausnahme der Blutzellen – nie mit Plasmaproteinen in Kontakt.
In der Realität muss man aber immer die verwendete Zelllinie und den Verwendungszweck berücksichtigen. Der Verzicht auf Serum erfordert den Zusatz anderer Substanzen, die sowohl komplex, als auch chemisch definiert (möglichst unter Verwendung rekombinanter Proteine) sein können. Serumfreie Medien sind außerdem nicht notwendigerweise preiswerter als serumhaltige, da z.B. viele Wachstumsfaktoren sehr teuer sind.
Die erfolgversprechendste Serumersatz-Entwicklung sind Lysate humaner Thrombozyten-Konzentrate.